Eine aktuelle Studie hat wichtige Erkenntnisse über die Perspektiven und Verhaltensweisen junger Menschen in Kroatien geliefert und einen starken Trend zur Auswanderung aufgezeigt.
Im Jahr 2024 haben nur noch 22 Prozent der jungen Kroaten nicht die Absicht, das Land zu verlassen – ein deutlicher Rückgang gegenüber 62,5 Prozent im Jahr 2018.
Das bedeutet, dass 78 % glauben, das Leben könnte anderswo besser und produktiver sein, und 21 % den starken Wunsch haben auszuwandern. Auch in Nicht-EU-Ländern wie Nordmazedonien, Albanien und der Türkei ist das Auswanderungsinteresse unter Jugendlichen groß, wobei sozioökonomische Probleme diesen Wunsch zur Auswanderung oft noch verstärken.
Für die von der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Institut für Sozialforschung durchgeführte Studie wurden 717 junge Kroaten im Alter zwischen 14 und 29 Jahren befragt.
Darüber hinaus wurden Vergleiche mit ähnlichen Studien aus den Jahren 2018 und 2012 gezogen, aus denen sich Einstellungsänderungen infolge der Covid-19-Pandemie und des Ukraine-Konflikts ergeben haben.
Als größte Sorgen nannten die jungen Menschen Korruption und Arbeitsplatzunsicherheit. 48 Prozent fürchteten Arbeitslosigkeit und 46 Prozent machten sich Sorgen über die Qualität des Gesundheitssystems und das Kriegspotenzial.
Die Wohnsituation zeigt, dass über die Hälfte (51 %) der jungen Kroaten bei ihren Eltern lebt, ein Drittel jedoch unabhängig leben möchte.
Finanzielle Einschränkungen sind der Hauptgrund, warum sie zu Hause bleiben. 34 % sagen, sie würden ausziehen, wenn sie es sich leisten könnten. Sie haben eine starke Bindung zu ihren Eltern, 93 % bewerten diese als positiv.
Obwohl viele noch immer auf die Unterstützung der Familie angewiesen sind, ist die Zahl der alleine lebenden jungen Erwachsenen von 4 % im Jahr 2018 auf heute 11 % gestiegen.
Es gibt eine deutliche Abkehr von traditionellen Werten, insbesondere in Bezug auf Ehe und Kinder. Das ideale Alter für das erste Kind ist auf 26 Jahre gesunken, aber 23 % geben jetzt an, keine Kinder haben zu wollen – ein Anstieg gegenüber 6,4 % im Jahr 2018.
Bei der Partnerwahl spielen Bildung (38 %) und die Anerkennung der Familie (33 %) eine wichtige Rolle, wohingegen die Bedeutung von Faktoren wie wirtschaftlicher Status, religiöse Überzeugungen und Nationalität abgenommen hat.
Diskriminierung gebe weiterhin Anlass zur Sorge: Laut Jutarnji List berichteten junge Menschen von Vorfällen aufgrund von Armut (36 %), Religion (28 %), ethnischer Zugehörigkeit (20 %), politischen Ansichten (22 %) und sexueller Orientierung (16 %) .
Junge Kroaten legen großen Wert auf Unabhängigkeit, beruflichen Erfolg und Gesundheit, wobei sich ihre persönlichen Wertvorstellungen in Richtung liberalerer Einstellungen verschieben.
Das politische Engagement nimmt zu. Das Interesse an Politik ist von 12 % im Jahr 2018 auf heute fast 19 % gestiegen. Kroatiens Jugendliche beteiligen sich jedoch weniger an Wahlen als Gleichaltrige in anderen Ländern der Region, obwohl sie ein relativ starkes Interesse an politischer Beteiligung haben. Ein markanter Trend ist die Trennung nach Geschlecht und Ideologie, wobei junge Männer eher von konservativer Politik angezogen werden und junge Frauen demokratischen Idealen zugeneigt sind.
Trotz einer Hinwendung zu mehr Toleranz äußern manche junge Kroaten noch immer eine bedingte Unterstützung für die Demokratie. Fast die Hälfte der Befragten hält sie nur dann für vorteilhaft, wenn sie wirtschaftliche Stabilität gewährleistet.
Ein erheblicher Anteil (30 %) unterstützt die Idee eines autoritären Führers, um mehr Sicherheit und einen höheren Lebensstandard zu erreichen, während stabile 18 % unter bestimmten Umständen sogar einer diktatorischen Regierungsform gegenüber aufgeschlossen sind.
Diese komplexe Haltung gegenüber der Regierungsführung spiegelt eine allgemeine Enttäuschung über die Leistungsfähigkeit der Institutionen in Kroatien wider.
Redaktion Politik
Bild: zVg.