Home Ausland Flüchtlinge zurückweisen: Wie ist die Rechtslage in Kroatien?

Flüchtlinge zurückweisen: Wie ist die Rechtslage in Kroatien?

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Ein Bericht von Judith Gridl/BR

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will Flüchtlinge bereits an der Grenze abweisen, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist dagegen und verweist auf EU-Recht. Was sagen die Gesetze?

Vorab: Es geht bei diesem Streit um Geflüchtete nach der Genfer Flüchtlingskonvention – und nicht etwa Menschen aus Syrien, die in Deutschland sogenannten subsidiären Schutz bekommen.

Müssen Geflüchtete nach geltendem Recht an der Grenze sofort zurückgewiesen werden?

Grundsätzlich gilt: Das EU-Land, das der Asylsuchende zuerst betritt, ist für ihn zuständig. Das heißt: Nur derjenige, der mit dem Flugzeug in Deutschland landet, kann bei uns Asyl beantragen. Alle anderen, die auf dem Landweg nach Deutschland kommen, müssen an der Grenze zurückgeschickt werden. Weil Deutschland von EU-Staaten umgeben ist, müssen die Geflüchteten nach Art. 16a Grundgesetz wieder zurück in das Land, das sie zuerst betreten haben.

Das bedeutet: Wer in Italien ankommt, muss dorthin auch wieder zurückgeschickt werden, um dort seinen Asylantrag zu stellen.

Ist es also ein Rechtsbruch, wenn Deutschland nicht zurücksendet?

Ja, sagt Seehofer. Nein, sagt Merkel. Und sie hat folgenden – wenn auch unter Juristen strittigen – Grund:

Das Europarecht überlagere unser Grundgesetz, so auch die Argumentation der Bundeskanzlerin. Hier komme die Dublin-III-Verordnung ins Spiel: Die meisten Geflüchteten erreichen die EU an deren Außengrenzen: Italien, Griechenland, Kroatien.

Allerdings: Es lässt sich in der Praxis nur schwer nachweisen, welches Land der Flüchtling zuerst betreten hat. Denn die EU-Länder, die an der Außengrenze liegen, führen oft das Asylverfahren nicht ordnungsgemäß durch. Weil sie mit der hohen Zahl von Flüchtlingen, die beispielsweise über das Mittelmeer kommen, überfordert sind. Deshalb registrieren die Länder sie nicht, und die Geflüchteten reisen bis nach Deutschland weiter.

In vielen Fällen sind Deutschland die Hände gebunden

Die Länder, die der Asylsuchende auf seiner Reise betreten hat, zählen nicht. Es zählen nur das EU-Land, dessen Boden er zuerst betreten hat, und dasjenige, in dem er Asyl beantragt hat. Oft ist es Deutschland und hier schließt sich der Kreis: Deutschland darf in diesem Fall auch nach deutschem Recht (dem Asylgesetz) nicht zurückschicken, wenn sich nicht nachweisen lässt, welches Land der Geflüchtete zuerst betreten hat. Deutschland ist dann für den Geflüchteten zuständig und muss das Asylverfahren durchführen.

Gleiches gilt, wenn das Asylverfahren in einem EU-Staat eine unmenschliche Behandlung mit sich bringt. Wie zum Beispiel Griechenland. Dorthin darf kein Geflüchteter mehr zurückgeschickt werden, weil Griechenland zum Beispiel die Menschen im Winter nicht angemessen untergebracht hatte. Auch Familien mit kleinen Kindern dürfen nicht nach Italien zurückgesendet werden.

Vorstellung des „Masterplan Migration“ verschoben

Bundesinnenminister Seehofer hatte gestern die für den heutigen Dienstag geplante Vorstellung seines „Masterplans Migration“ verschoben. Hintergrund sind Differenzen mit Merkel. Seehofers Plan sieht vor, Flüchtlinge an der deutschen Grenze abzuweisen, die bereits in einem anderen europäischen Land als Asylsuchende aufgetreten und deshalb in der Fingerabdruckdatei Eurodac registriert sind. Merkel setzt auf europäische Lösungen und warnt vor einem deutschen Alleingang.

Asylstreit soll noch diese Woche ausgeräumt werden?

Unterdessen wurde bekannt, dass die Union ihren Asylstreit noch diese Woche beilegen will. Seehofer sagte am Abend, einen „schrägen Kompromiss“ werde er nicht mittragen. Nach Angaben von Teilnehmern der Unions-Fraktionssitzung sagte Seehofer, es gehe um einen Ausgleich zwischen Humanität und Ordnung. Ziel sei eine saubere Lösung, hinter der sich alle in der Union versammeln könnten. Den Angaben zufolge erhielt Merkel bei den Wortmeldungen keine Unterstützung für ihre Kritik an den Plänen Seehofers. 13 Abgeordnete hätten gesprochen, davon hätten elf die Position des CSU-Chefs unterstützt.

Merkel, die zum Schluss der Diskussion über die Asylpolitik das Wort ergriff, sagte, Seehofers Masterplan habe ihre volle Unterstützung. Sie habe aber Verantwortung für die CDU, die Union, das Land und auch für Europa. Es müsse zwischen nationalen und europäischen Interessen abgewogen werden.

BR Presse
Bild: BR/Sputnik Deutschland
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