Home Ausland TÜRKISCHE WAHLEN IN BOSNIEN-HERZEGOWINA?

TÜRKISCHE WAHLEN IN BOSNIEN-HERZEGOWINA?

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Nachdem einige Länder wie Österreich und Deutschland den Wahlkampf Erdogans verboten haben, sucht sich der türkische Sultan ein anderes Territorium. Der bosnische Boden eignet sich dafür hervorragend.

Bosnische Medien berichten seit Tagen, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, am 20. Mai, Sarajevo einen Besuch abstatten wird. Pünktlich zu den Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei, die am 24. Juni abgehalten werden, sorgt Erdogan für Stimmung im Ausland.

Doch weit wird er nicht kommen, denn europäischen Boden für Wahlzwecke kann er lediglich in Bosnien-Herzegowina nutzen. Während ihm die meisten Politiker den Rückenkehren, erwartet ihn sein größter Fan, Bakri Izetbegović, mit offenen Armen. Denn genau wie Erdogan steckt auch Izetbegović mitten in einem Wahlkampf-Dilemma.

Im Oktober finden die Wahlen im Gesamtstaat, sowohl in der Föderation als auch in der Republika Srpska, statt. Ein kleines Problem, dass die Führer des Landes ignorieren, stellt das Wahlgesetz dar, das wegen eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs geändert werden muss. Deshalb könnten die Wahlen von einigen Parteien boykottiert oder ihr Ergebnis nicht anerkannt werden, berichtet „Standard“. Das Horrorszenario für den Gesamtstaat würde bedeuten, dass das Parlament nicht konstituiert wird oder dass gar keine Regierung gewählt wird.

Sebija als starke Frau

Hinzu kommt, dass Bakir Izetbegovićs Frau im Wahlkampf mitmischt. „Sebija wird wahrscheinlich bald zu einer starken Politikerin heranwachsen, welche die bosnische Gesellschaft braucht“, sagte Izetbegović. Sebija Izetbegović wurde 2016 zur Leiterin der Universitätsklinik von Sarajevo ernannt. Ihr Einfluss auf die Partei ihres Mannes war kein Geheimnis. Doch dass sie künftig nicht nur ein Krankenhaus sondern ein ganzes Land regieren könnte, sprengt wohl den Rahmen. Die Izetbegović-Dynastie würde damit in die dritte Amtszeit übergehen. Hier wittert man Parallelen zu Erdogan, oder nicht? Zurück zur Türkei.  Aus dem türkischen Außenministerium hieß es am Mittwoch, nach bisherigem Kenntnisstand sei im europäischen Ausland lediglich eine Wahlkampfrede Erdogans geplant. Und das in Bosnien-Herzegowina. Im Balkan-Land leben zwar wenige türkische Staatsbürger, jedoch liegt es nicht weit von Österreich oder Deutschland entfernt.

Türken aus Österreich und Deutschland reisen nach Sarajevo

Die Zeitung „Yeni Safak“ berichtete kürzlich, dass eine Ansprache Erdogans für den 20. Mai in Sarajevo vorgesehen sei, als Teil einer Wahlkampfkampagne. Des Weiteren schreibt Yeni Safak, dass rund 10.000 türkische Staatsbürger aus europäischen Ländern nach Sarajevo für die Kundgebung pilgern werden. Nach Angaben des Außenministeriums leben mehr als sechs Millionen Türken im Ausland, von denen 5,5 Millionen in Westeuropa sesshaft sind. Diese große Diaspora, die fast acht Prozent der türkischen Bevölkerung von 79,5 Millionen ausmacht, ist zu einem wichtigen Faktor bei den Wahlen in der Türkei geworden. Diese Wähler spielten auch 2017 eine wichtige Rolle bei Erdogans knappem Sieg. Am 19. April beschlossen Erdogan und seine regierende AKP, am 24. Juni vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abzuhalten – eineinhalb Jahre früher als geplant.

Mehr Schaden als Nutzen

Kurzfristig gesehen könnten Erdogan und Izetbegović von ihrer gegenseitigen Freundschaft profitieren. Erdogan würde mit einem Auftritt in Europa seine Wählerschaft mobilisieren, Izetbegović könnte als starker Gastgeber auftreten. Längerfristig würde diese Liebschaft zwischen den beiden mehr Schaden als Nutzen bringen. Denn mit dem Einfluss, sowohl von der Türkei als auch von Russland am Balkan, signalisiert Bosnien-Herzegowina der Europäischen Union, das man auf die Rettung anderer zählt. Damit weht Bosnien nach türkischem oder russischem Wind und bleibt der EU weiter fern. Ob Erdogan tatsächlich in Sarajevo die Wahlkampfkeule schwingt, wird sich noch zeigen. Sollte Izetbegović tatsächlich eine europäische Zukunft für sein Land wollen, würde er seinen Freund diesmal ausladen. (NR)

Kosmo.at
Bild: zVg.
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