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LEBEN IN BOSNIEN-HERZEGOWINA ÜBERHAUPT BOSNIER?

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Unser Redakteur Manuel “Maki” Bahrer über das Wirrwarr der Ethnien bzw. sogennanten “Nationen” innerhalb Bosnien-Herzegowinas, welche für jeden Außenstehenden wie ein riesiges und unbegreifliches Rätsel wirken.

Als Österreicher ist es für mich bis heute unverständlich, wie so manche Dinge in Bosnien-Herzegowina ablaufen. Ich erinnere mich nur zu gut daran, wie mir eine Schulkollegin erzählt hatte, sie stamme aus Bosnien-Herzegowina. Aber damit war es nicht getan, sondern sie fügte dem hinzu: „Ich bin aber Kroatin aus Bosnien.“ – für mich zuerst komplett unverständlich.

Wie bosnische Kroatin? Kroatien ist doch ein eigener Staat, wie Bosnien-Herzegowina auch. Zuerst dachte ich, dass es daran liegen könnte, dass sie aus dem heutigen Grenzgebiet zwischen den beiden Ländern stammt und ihr Herkunftsort nach dem Zerfall Jugoslawiens zu bosnisch-herzegowinischen Staatsgebiet erklärt wurde.

Dem war allerdings nicht so… Noch mehr verwirrt war ich über die Tatsache, dass sie über keine direkten Verwandten in Kroatien verfügt. Ihre Vorfahren lebten über zahlreiche Generationen hinweg in diesem Landesteil. Wie jetzt, kroatische Bosnierin/bosnische Kroatien, die per se nichts mit dem Land zu tun hat, sich aber doch dem kroatischen Volk zugehörig fühlt? Ziemlich konfus, muss ich zugeben.

Natürlich ließ ich das nicht auf mir sitzen und musste nachfragen, um das Wirrwarr an Fragen in meinem Kopf aufzulösen. Daraufhin wurde mir erklärt, dass es in Bosnien drei große Volksgruppen gebe: erstens die Muslime, zweitens die Serben und drittens die Kroaten.

Nachdem ich meine Schulkollegin mit Fragen hinsichtlich der Unterscheidung dieser drei Ethnien löcherte, kam ich zum Schluss, dass die Religionszugehörigkeit darüber bestimmt, wohin man gehört.

Religion bestimmt die Volkszugehörigkeit?
Das Wirrwarr in meinem Kopf wurde nur größer. Mein Klassenvorstand im Gymnasium war auch kein Katholik, so wie der Großteil der Österreich, sondern Protestant – allerdings war er trotzdem Österreicher. Ich kenne Österreicher die Zeugen Jehovas, Juden etc. sind – sie sind allerdings trotzdem Teil des gleichen Volkes wie ich.

Auch wenn ich heute einiges mehr an Einblick in die Region des ehemaligen Jugoslawiens habe, bleibt mir diese Zugehörigkeitsfrage in Bosnien-Herzegowina ein großes Rätsel.

Viel schlimmer noch als die Tatsache, dass es einfach nicht in meinen Kopf geht, warum die Religion mich von meinen Mitbürgern trennt, sind eigentlich die Auswirkungen, welche dieses Dreieck an Volksgruppen mit sich bringt – eine komplette Dreiteilung des Landes.

Ein Land, welches gar keines sein darf und kann?
Nun knapp 15 Jahre später, verstehe ich politische Vorgänge in der Welt natürlich um einiges besser als ein pubertierender HAK-Schüler.

Es ist nicht nur die Teilung von Bosnien-Herzegowina in drei “Nationen”, sondern auch die Tatsache, dass das Land sich eigentlich gar nicht selbst regiert mehr als erschütternd. Die sogenannten „Vaterländer“ der Kroaten und Serben haben einfach viel zu viel Einfluss auf die landesinternen Geschehnisse, ganz zu schweigen von den Entitäten innerhalb Bosnien-Herzegowinas, der Dreiteilung des Staatspräsidiums usw.

Wie kann also ein Land funktionieren, welches von Grund auf eigentlich gar keines ist. Weder territorial noch gesellschaftlich gesehen. Überall ist der Unterschied zwischen Bosniaken, Kroaten und Serben zu sehen und zu spüren. Ausnahmen bestätigen die Regel!

Das Land kann gar nicht funktionieren, wenn jede der drei Seiten in ihre Richtung zieht. Demokratie im modernen Sinne ist das auf keinen Fall, sondern vielmehr eine Interessenspolitik, welche aus dem Schüren von Hass, Unterschieden und Diskriminierung besteht.

Eine Gesellschaft/Volk anstatt drei Gegner
Alle Einwohner möchten doch, dass es ihnen besser geht. Wieso zieht man dann nicht an einem Strang, denn bekanntlich ist man gemeinsam stärker. Nein, der durchschnittliche Bosnier (ja Bosnier, egal welcher Religion) ist einfach in einem Teufelskreis aus Nationalismen, Mythen, Legenden und Überlebensängsten gefangen, welche aus ihm ein leichtes Opfer für Propaganda und Manipulation machen.

Leute, es ist glaub ich, 25 Jahre später, mehr als Zeit aufzuwachen und sich auf die Hinterbeine zu stellen. Denn wer ist euch denn näher, als der eigene Nachbar – egal ob dieser nun Josip, Ahmed oder Dragan heißt.

Ganz abgesehen davon, dass euch sprachlich, kulturell und von der Mentalität wohl niemand anderer näher sein kann, als die Menschen, die mit EUCH zusammen in EUREM Land – Bosnien-Herzegowina – leben!

Quelle: Kosmos
Bild: serbestruhpro
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