Die einen essen gern Cevapcici, die anderen gern Fleischpflanzerl. Die einen trinken gern einen Slivovic, die anderen gern einen Enzian. Aber alle lieben die Blasmusik und alle verehren die Gottesmutter. – Renate Eichmeier folgt den Spuren einegeistig-kulinarischeVerwandtschaft: Maria, Cevapcici und Balkan Brass.

Schon zu kommunistischen Zeiten waren die Verbindungen sehr eng: Die Jugos kamen als Gastarbeiter nach Bayern und die Bayern fuhren als Touris nach Jugoslawien. Sprachliche und andere interkulturelle Hürden schienen kein Problem angesichts der geistig-kulinarischeVerwandtschaft: Was den Bayern die runden Fleischpflanzerl sind, das sind den Balkanbewohnern die länglichen Cevapcici, als Verdauungshilfe trinkt man hier den Klaren und dort den Slivovic. Und in den 80er Jahren erschien gar die Heilige Mutter Gottes einigen Kindern in Međugorje, einem kleinen Ort im heutigen Bosnien-Herzegowina, ein Ereignis, das die Herzen bayerischer Marienverehrer höher schlagen ließ und zu intensiven Wallfahrtsaktivitäten Richtung Balkan führte.

Bayerische Blasmusik bereichert mit Balkan Brass

Die Unterschiede sind marginal. Das zeigt sich auch in der Volksmusik. Das Akkordeon ist hier wie dort wichtig, die Oberkrainer sind allseits beliebt; und aus dem Balkan kommen wichtige Neuerungen: Seit 2002 bereichert zum Beispiel die niederbayerische Band „Kein Vorspiel“ die Blasmusik in Bayern um den Balkan Brass. Das Motto von „Kein Vorspiel“: „Der Name ist Programm, das Cevapcici unter den Hackfleischprodukten, der Slivovic unter den Zwetschgen“.

„Nemacka“ – die Deutschen kommen!

Die Musiker von „Vorspiel“ hatten bereits zusammen in anderen Bands gespielt, als der Exil-Jugoslawe und Wahl-Landshuter Waldimir Saponic ihnen die CDs mit der Balkan Musik gab. Und die Musiker haben die Volkslieder und Kolo-Tänze ausprobiert und sofort Feuer gefangen.

Schon nach einigen Wochen Probezeit machten sich die Niederbayern im August 2002 auf den Weg nach Guca in Serbien, wo jährlich das größte Trompetenfestival der Welt stattfindet. Wladimir Saponic hat diese Reise für seinejungen Freunde organisiert. So durften sie als einzige ausländische Band auf dem Festival auftreten und hatten außerdem die Gelegenheit, die serbische Variante des Balkan Brass im Original zu hören.

Noch heute schwärmen die Musiker von ihrer Balkanreise

Die Niederbayern wurden in Guca mit offenen Armen empfangen und ihre Auftritte mit Begeisterung gefeiert. Danach machten sie mit Wladimir Saponic noch eine kleine Rundreise durch dessen alte Heimat Ex-Jugoslawien, von Serbien über Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Slowenien zurück nach Bayern. Noch heute schwärmen die Musiker von ihrer Balkanreise. Es war eine intensive Zeit, voller Musik und Party, Bier und Slivovic, geschlachteten Lämmern und gegrilltem Fleisch, scharf, feurig, ekstatisch – aber auch mit gelegentlichen Irritationen angesichts der Spuren, die die jugoslawischen Zerfallskriege in den Köpfen und Landschaften hinterlassen haben. (NR)

BR Presse/ Renate Eichmeier
Bild: BR
Video: Bandakadabra (Rocksteady and Balkan Brass Band)
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