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Dicke Luft im Grenzgebiet

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Slavonski und Bosanski Brod waren praktisch einmal eine Stadt. Viele Menschen arbeiteten in der Raffinerie auf der bosnischen Seite, über dem Fluss Save. Jetzt gibt es Probleme mit Luftverschmutzung.

„Tauchen Sie in die Märchenwelt ein“ steht beim Eingang in die Stadt Slavonski Brod. Der Grund für diese Einladung ist, dass hier die große kroatische Schriftstellerin Ivana Brlić Mažuranić ihre schönsten Märchen geschrieben hat. Das Leben hier ist aber schon lange nicht mehr märchenhaft.

Die Ursache liegt auf der anderen Seite des Flusses, in einem anderen Staat, nämlich in Bosanski Brod: Die dortige Raffinerie lässt enorme Mengen an Schwefelwasserstoff in die Luft, so der lokale TV-Sender:

„Gleich beim Aufwachen verspürt man einen ziemlich unangenehmen Geruch, besser gesagt Gestank, dem man nicht ausweichen kann. Man riecht es überall in der Stadt und wenn man Glück hat, dreht der Wind und bringt den Gestank auf die andere Seite…“

Ivan Čalić, Chefredakteur des Fernsehsenders SBTV

Zum Problem mit dem unangenehmen Geruch nach faulen Eiern, kommt auch das Problem mit den Emissionen in der Luft: Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres haben die Einwohner von Brod mehr Schadstoffe eingeatmet, als für den Zeitraum eines ganzen Jahres zulässig ist. Gerade aus diesem Grund wurde die Bürgerinitiative „Broder für Brod“ ins Leben gerufen:

„Das Problem sind die Wetterverhältnisse. Im Herbst und Winter ist die Luftverschmutzung aufgrund des Luftdrucks und der Winde in Slavonski Brod am Schlimmsten. Im Sommer, wenn sich die Luftströmungen ändern, geht es einigermaßen. Und so freuen wir uns alle auf den Sommer.“

Mladen Sudar, Aktivist der Bürgerinitiative Broder für Brod

Die zwei Städte, Slavonski und Bosanski Brod, waren früher im selben Staat, der in den 1990er Jahren während des Balkankriegs zu zerbrechen begann. Mit Kriegsende waren diese zwei Städte in verschiedenen Staaten. Der Fluss, der sie verbindet, sollte EU-Außengrenze werden. Die Raffinerie gibt es seit mehr als 100 Jahren. Man behauptet, dass die Verschmutzung früher nicht ein derartiges Ausmaß gehabt hätte. In Ex-Jugoslawien wurde hier das leichte libysche Erdöl verarbeitet. Seit 2008 ist die Raffinerie unter russischer Leitung. Seit damals wird hier das schwere russische Erdöl verarbeitet.

„Hier geht es um die Gesundheit einer Vielzahl von Kindern und Menschen, die in dieser Region leben. Etwa 100.000 Menschen sind durch diese Verschmutzung gefährdet.“

Mladen Sudar

Wie kommt es, dass es auf der kroatischen Seite stinkt und auf der bosnischen anscheinend nicht?

 „Wir protestieren einfach mehr, da niemand aus Slavonski Brod und Umgebung in der Raffinerie arbeitet. Daher wird das Problem auf der bosnischen Seite totgeschwiegen. Die Einwohner von Bosanski Brod befürchten, ihre Arbeit zu verlieren und außerdem könnte es passieren, dass die Raffinerie dann zusperrt. Es gibt hier kaum andere Jobmöglichkeiten.“

Ivan Čalić

Paradox ist, dass monatlich 30.000 Pkws auf die bosnische Seite fahren, um dort viel billiger alltägliche Einkäufe zu tätigen. Außerdem tanken sie dort, obwohl sie sich durch die dortige Produktion des Treibstoffs bedroht fühlen.

„Ein großer Teil der Bewohner von Brod ist leider dazu gezwungen. Der Preisunterschied beim Treibstoff ist für manche ein Überlebensfaktor. Von einem Monat zum anderen versucht man die Ausgaben für Treibstoff zu senken ohne dabei die langfristigen Folgen zu bedenken. Wie gesagt, viele leben an der Armutsgrenze.“

Ivan Čalić

Seit zehn Jahren protestieren die Einwohner und bitten um Hilfe und endlich, Ende des vergangenen Jahres, haben sich die einstigen Feinde an einen Tisch gesetzt und vereinbart, dass die kroatische Seite die Zulieferung von Gas ermöglichen wird, das für den Betrieb der Raffinerie anstatt des Erdölrückstands Masut verwendet werden könnte. Das wird zumindest die Emissionen senken. Die Einwohner von Brod sind aufgrund der bisherigen politischen Versprechungen der Meinung: „Abwarten und durchatmen.“ (NR)

BR Presse/TV Kroatien-Sanja Pražen
Bild: BR
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